Lange hatte ich angenommen, dass "rein sein" mit Makellosigkeit und Fehlerfreiheit zu tun hat. Heute entdecke ich es eher als einen Freiraum, der dem Unerwarteten Raum schenkt, um anzukommen. Fromm gesagt, der göttlichen Geistkraft die Tür offen hält.
Frei von Plänen und Sorgen und all den Gedanken - eine Ebene wie an der Nordsee,
Das Dachfenster ist mit Tautropfen übersät. Sie glitzern wie ein Koffer voller Diamanten. Zwei Tulpenknospen recken sich der Sonne entgegen. Ich staune über diese verschwenderische Fülle. Sie macht alle meine Pläne und Vorhaben für heute zunichte.
Ruhezeit, scheinbar bewegungslos. Wie ein Muskel zieht sich etwas zusammen und danach dehnt es sich wieder aus. Auch wir brauchen Brachzeiten, in denen sich das Leben zurücknimmt in seiner Aktivität und seinem Schaffensdrang.
Fortan gehe ich mit Freude im Alltag die kleinen Wege bewusst: in den Keller, ins Obergeschoss, zum Bäcker, zum Briefkasten. Viele kleine Meditationszeiten ergeben sich, in denen ich "in mich gehe". So einfach kann Meditation im Alltag sein! Sie lehrt mich auch im übertragenen Sinne, einen Schritt nach dem anderen zu machen. So entgehe ich der Versuchung, alles auf einmal zu tun und werde mit Ruhe und Gegenwärtigkeit beschenkt- einer Quelle der Freude.